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Humboldt-Universität zu Berlin

Landwirtschaftlich-Gärtnerische Fakultät


Beispiel für Urbane Gärten: Prinzessinnengärten am Moritzplatz in Berlin-Kreuzberg

Berlin, den 11. Februar 2012

Tomaten und Fische erobern die Stadt!

Hat Urbane Landwirtschaft eine Zukunft? Was ist der sogenannte „Versteckte Hunger“?

Urban Gardening ist Stadtgespräch. Das liegt am Trend zum privaten oder gemeinschaftlichen Grün. Neuester Coup ist der Garten des Allmende-Kontors auf dem ehemaligen Tempelhofer Flugfeld. Doch wie steht es um die professionellen Landwirte und Gärtner, die in der Hauptstadt Obst, Gemüse und andere landwirtschaftliche Produkte anbauen? Ihre Zahl nimmt seit Jahren ab wie auch die von ihnen bewirtschaftete Fläche. Hat die Urbane Landwirtschaft noch eine Zukunft und wenn ja, wie sieht sie aus?
Am 19.Januar 2012 war dies das Thema einer Veranstaltung des Alumni-Netzwerkes an der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin: „Urban Farming – Erobern Tomaten und Fische die Stadt?“ (http://www.agrar.hu-berlin.de/lage/in42_html)

Wird Urban Farming und Urban Gardening zum Trend? Oder i st Urban Gardening nur eine Spielerei für Städter? Kann die Stadtbevölkerung mit eigenen urbanen Anbauflächen weitgehend selbst versorgt werden? Einfach lassen sich diese Frage nicht beantworten. Klar ist, dass ein Trend von den kollektiv getragenen Gemeinschaftsgärten und der Belebung der Kleingartenkultur ausgeht. Klar ist auch, dass die Erwartungen an Urban Farming sehr hoch sind, wie Prof. Christian Ulrichs, Fachgebietsleiter für Ökophysiologie an der LGF, sagt. Dabei geht es nicht um landwirtschaftliche Haupterträge, diese werden auch in Zukunft aus ländlichen Regionen kommen. So sieht es zumindest für Deutschland aus.

Anders jedoch in Ländern, in denen ein hoher Grad an Hunger und Unterernährung vorliegt. Dort kann der Anbau von Obst und Gemüse ein wichtiger Pfeiler der Selbstversorgung sein. Das wird auch in europäischen Städten immer wichtiger. Denn entgegen der weitläufigen Meinung gibt es auch in der industrialisierten Welt Hunger, den sogenannten „Versteckten Hunger“. Dieser bedeutet nicht Mangel an Kalorien, sondern an essentiellen Vitaminen und Mineralstoffen. Diese grundsätzliche Ernährungsfragen berührende Tatsache greift das aktuelle LGF-Projekt „VitaCity“ der Humboldt-Universität zu Berlin auf. Mit Bildungsangeboten und Broschüren sollen Bewohnerinnen und Bewohner der Städte angeregt werden, selbst gesundes Obst und Gemüse anzubauen – für den Eigenbedarf und auch zur Weitergabe an andere Nutzer. Wichtig dazu sind Gemeinschaftsgärten, die an der Schwelle zur Professionalität stehen. Über den kleinen Selbstversorgergarten hinaus sind angepasste Produktionstechniken erforderlich, Qualitätskontrollen und neue Formen der Organisation und Vermarktung.

Die Urbane Landwirtschaft kann eine Stadt nicht komplett mit Lebensmitteln versorgen. Dafür gibt es zu wenig Flächen. Doch wo soll der Anbau für die Selbstversorgung und auch der Verkauf stattfinden? Schließlich „verschlingt“ die Stadt mit ihrer Bebauungswut mehr und mehr landwirtschaftliche Anbauflächen. Besonders junge Leute entwickeln da gute Ideen, auf und in Gebäuden. Das Vertical Farming, die gebäudeintegrierte Landwirtschaft, nutzt Terrassen, Balkone, Dächer, Wände und auch Räume in Gebäuden.

Erste gewerbliche Ansätze für Dachfarmen finden sich in den USA. In Deutschland gibt es das „Tomaten-Fisch-Projekt“ der Technischen Universität Berlin und die Dachfarm auf der Malzfabrik. Wie das funktionieren kann und ob das in Berlin überhaupt auf größeren Flächen möglich ist, untersucht das Projekt „ZFarm“ des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung (ZALF). Gläserne Gebäude, in denen Getreide, Obst und Gemüse angebaut und Nutztiere gehalten werden, gibt es derzeit nur als architektonische Modelle. Ihre Umsetzung bleibt wohl auch in nächster Zukunft eine Utopie.

Wer sollte diese Glashäuser bewirtschaften? Denn trotz des Trends zum Gärtnern nimmt das Interesse der Jugendlichen an einem Beruf in der Grünen Branche seit Jahren ab. „Es müssen neue, angepasste Berufsbilder gefudnen werden“, meint Dr. Thomas Aenis vom Lehr- und Forschungsgebiet Beratung und Fachdidaktik. Landwirte und Gärtner auf städtischen Flächen arbeiten anders als die Landwirte im ländlichen Raum. Sie brauchen Kompetenzen, die auf die besonderen Rahmenbedingungen des Urbanen Gärtnerns vorbereiten. Dazu gehören bspw. Beratung zur professionellen und gemeinschaftlichen Anlage von Gärten und zu Techniken der Wasseraufbereitung. Diese Kompetenzen entwickelt die LGF der Humboldt-Universität zu Berlin gemeinsam mit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt und dem Oberstufenzentrum „Peter Lenné Schule“ und wird sie demnächst in einem Bildungsleitfaden zusammenführen.

Eine große Rolle in den Gemeinschaftsgärten, Interkulturellen Gärten und Kinderbauernhöfen spielt Bildung. Darauf kann und muss der ausgebildete Landwirt und Gärtner aufbauen. „Zusätzliche Vermarktungsgebiete sind wichtig“, sagt Dr. Felicitas Bechstein vom Institut für Agrar- und Stadtökologische Projekte. Der urbane Landwirt muss sich von dem reinen Anbau und Verkauf trennen und kann eher mit zusätzlichen Gastronomie- und Bildungsangeboten den Standortvorteil „Stadt“ für sich nutzen. Im Vordergrund stehen dabei gesunde Ernährung, Naherholung und der Umgang mit Nutzpflanzen und Nutztieren. Ein Beispiel dafür ist in Berlin der Prinzessinnengarten am Moritzplatz.
Das ZALF unterstützt ab März 2012 Garteninitiativen bei Bildungsangeboten und Veranstaltungen im Rahmen des Urban Farmings.

 

Autorin: Dr. Natalie Faßmann, Gartenbauingenieurin

LGF Alumni der Humboldt-Universität zu Berlin
E-Mail: info@lgfalumni.de

Die Veranstaltung an der LGF der Humboldt-Universität zu Berlin wurde vom Alumni-Netzwerk der Fakultät „LGF Alumni“ organisiert. Die Vorträge können Sie auf der Internetseite
www.lgfalumni.de nachlesen.

http://www.lgfalumni.de/index.php?option=com_content&view=article&id=134&Itemid=129))

Mehr zur bundesweiten Kampagne des ZALF zur Unterstützung von Garteninitiativen unter www.zalf.de

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